Weisslingen bezwingt auch den SC Zollikon

Mit einem 3:1-Sieg über den SC Zollikon beendet der FC Weisslingen die Vorrunde der Drittligasaison 2018/19. Der Höhenflug mit dem fulminanten 2. Tabellenrang und 23 Punkten ist kein Zufallsprodukt.
Das Duell zwischen Weisslingen, das über alle Gruppen der 3. Liga hinweg (6 x 12 = 72 Mannschaften) die bis dato wenigsten Gegentreffer hinnehmen musste (11) und dem SC Zollikon mit der drittbesten Offensive (23 Tore) in dieser Gruppe 6 verfolgten gleich mehrere Pressevertreter. Alle wollten den Überraschungs-Zweiten in Augenschein nehmen und eruieren, weshalb nicht Herrliberg, Pfäffikon, Fehraltorf, Meilen oder Wald dem Krösus FC Wetzikon auf den Fersen bleiben, sondern diese "verrückten Wisliger".
Der Match offenbarte die spielerischen Gründe. Headcoach Scherrer hatte im zentralen Mittelfeld erneut Schnider und Ernst das Vertrauen geschenkt, dabei galten beide vor Saisonbeginn nicht unbedingt als Stammkräfte auf dieser Position. Mit welcher Achtsamkeit und Finesse sie die Ausfälle von Brunetti und Bünter (der heute in der 2. Halbzeit sein Comeback gegeben hat) kompensieren - wow. Da sind zudem Führungsspieler, die lautstark Kommandos geben, für Sicherheit sorgen und mit gutem Beispiel vorangehen, so wie Joschua Krebs und Fabio Girola. Es hat Spieler, die mit neuem Rollenverständnis dem Team einen Bärendienst erweisen, Zweikämpfe suchen und geschickt für sich entscheiden ... und junge Kräfte, die dank gesammelter Erfahrung cleverer, einfach besser werden. Doghmani steht beispielhaft für einen sehr jung ins Fanionteam eingebundenen Spieler, der augenscheinlich profitiert. Exemplarisch sein Zweikampf 2o Minuten vor Schluss, als er auf der linken Seite neben dem Strafraum mit robustem Körpereinsatz einem Zolliker den Ball abknöpfte.
So macht Weisslingen aus der Not eine Tugend. Denn die heutigen Teamstützen wie Livio und Fabio Girola, Josch Krebs wurden dereinst ebenfalls früh als 16-/17jährige in die 1. Mannschaft eingebaut und besitzen jetzt - im besten Fussballeralter - so viel Erfahrung wie kein Gegner ihres Jahrgangs. Das heutige Team kämpfte jahrelang um den 2. Aufstieg in Liga 3 (denn einige erlebten tatsächlich auch jenen von der 5. in die 4. Liga), bevorzugte schon immer einen gepflegten, technisch guten Offensivspiel-Stil. Doch auch die harten Jahre nach den Aufstiegen prägten das Team: Es wurde gezwungen, robust dagegen zu halten, sich auf BigPoints zu konzentrieren und zu fighten.
Die Lehrjahre erweisen sich heuer als riesiger Pluspunkt. Das Trainergespann Scherrer / Blöchlinger holt aus dem Team heraus, was in den Jungs steckt. Weisslingen ist jeweils gut eingestellt auf die Gegner, die sich die Augen reiben. Mal kommt Wislig wie aus einem Guss, mal sind es die Fighter, an denen man sich die Zähne ausbeisst. Und natürlich profitiert die Truppe vom "Flow", in dem sie sich befindet. So mancher Punkterfolg hätte auch ein -verlust sein können (in Pfäffikon oder gegen Fehraltorf, wenn der Gegner per Penalty in Führung geht, statt zu verschiessen oder nach dem kapitalen Start im Auswärtsspiel in Herrliberg). "So ist Fussball", analysiert Sportchef Vonwyl, "wenn's läuft, gewinnst Du Spiele, die Du auch verlieren kannst. Wenn's schlecht läuft, verlierst Du auch dann, wenn Du besser warst."
Gegen Zollikon war der FC Weisslingen über 90 Minuten unbestritten die bessere Mannschaft. Allerdings wurde sie begünstigt durch zwei Gastgeschenke. Zollikon war früh durch Schärer in Führung gegangen, der aus kurzer Distanz gleich drei Mal schiessen durfte (zwei Mal parierte Goalie Bosshard herausragend) (5'). Dann aber griff der Gästegoalie Babor daneben und verursachte einen Penalty, den Fabio Girola zum 1:1 versenkte (14'). Und Montézin erzielte gar ein Eigengoal beim misslungenen Rückpass auf Babor (29'). War die Partie bis dahin von Kuriositäten geprägt, kamen die Zuschauer in Minute 37 in den Genuss des spielerischen Highlights der Partie: Silvio Girola war seinem Gegenspieler auf der linken Angriffsseite enteilt und brachte einen Flachpass perfekt an den Rand des Fünfmeterraumes. Dort war der mitgelaufene Marco Schnider schneller als Zollikons Verteidiger und auch Goalie Babor, lenkte den Ball ins Netz.
Das 3:1 setzte dem Gegner zu. Zollikon spielte weiter engagiert, aber verunsichert. Pass- und Zweikampf-Quote stürzten ab. Weisslingen agierte nun tatsächlich im Stil einer gereiften Mannschaft: Spielkontrolle, nichts anbrennen lassen, konsequent im Zweikampf bleiben, gelegentliche Konter fahren. So ebbte das Spielniveau zwar ab, aber dem Team und den Zuschauern war's egal. Der nächste "Dreier" war eingefahren, die tolle Vorrunde beendet, alles glückliche Gesichter.
Die Journalisten werden aber nicht nur vom Auftritt des Teams berichten. Denn der Wisliger Erfolg hat (siehe oben) noch mehr Gründe neben dem tollen Mannschaftsgefüge aus Technikern und Fightern, herausragend gut trainierte Goalies (Coach Stephen Wheeler), einem ehrgeizigen und konsequenten Headcoach, gereiftem Spielsystem und das Glück des Tüchtigen.
Ein Ruck ging durch den Verein mit der Aufwertung der Infrastruktur (zwar nur ein Spielfeld - aber was für ein Schmuckstück!), da sind die Tornetze mit dem Clublogo nur ein Detail, das aber Bände spricht. Da sind die unstrittig besten Fans der Liga - nirgendwo sonst hat es so zahlreich Zuschauer wie in Wislig und schon gar kein Maskottchen (eine Eule namens "Metteli"). Wislig hat einen "Hausfotograf" (Hansruedi Jäggin), dessen Sportfotos ligaweit begeistern und eine schwarz-weisse Nostalgie-Homepage, auf der so zeitnah und umfassend berichtet wird, wie sonst nirgendwo in Liga 3, aber die Clubgeschichte in Anerkennung verdienter Herren zuoberst steht.
Alles Umstände, die ebenso zum Kultcharakter dieses Dorfclubs passen, wie die dringenden Appelle der Vorstandschaft was Finanzen betrifft (die Zusammenarbeit mit der Gemeinde ist verbessert; Unternehmer gründen in Kürze einen Business Club, der den FCW mittelfristig unterstützen und investitionstauglich machen will) und Zusammenhalt (Grümpi, Hallenturnier, Special Events).
Der Spirit im ganzen Verein stimmt ... und keiner kann sich dem entziehen. Gespürt haben ihn auch die Spieler des SC Zollikon. In ihrer Auslaufrunde vorbei an der "Wisliger Ostkurve" wurden sie vom wertschätzenden Applaus überrascht - wieder 100 und mehr Zuschauer zollten dem Gegner Respekt und schenkten ihm einen Gänsehautmoment. So ist Wislig.
FCW: Bosshard - Irminger, Fabio Girola, Krebs, Doghmani - Schnider - Silvio Girola, Albero, Ernst, Kienast - Livio Girola (Ersatz: Bünter, Blöchlinger, Rosen - alle eingesetzt)
Fotos: Hansruedi Jäggin - https://www.jaeggin.photography/Fc-weisslingen




